Finnmania 2020
14.10.2020Nur drei Wochen nach den Erfolg- und Windreichen Schweizermeisterschaften in Grandson trafen sich die Finnistis in Wingreis/Engelberg am Bielersee.
Aus dem illustren Kreis der Medalrace Teilnehmer der SM fanden deren Sechs den Weg an den Bielersee. Ergänzt durch den wieder fitten Lokalmatador und vielfach Schweizermeister Christoph Christen. Für ein hohes Niveau war also gesorgt.
Die Wind- und Wetterprognosen versprachen allerdings nicht gerade rosige Zeiten. Regen, Kälte und Flaute war angesagt. Glücklicherweise hatten sich Bucheli&Co. zumindest teilweise verhauen. Der Morgendliche Regen am Samstag war bald verflogen und am Nachmittag gab’s sogar sonnige Abschnitte. Die Kälte hielt sich in Grenzen und zumindest am Samstag gab’s gar nicht so schlechten Wind. Am Sonntag traute sich der kühle Nordwind dann leider nicht mehr richtig bis zum Bielersee hinunter.
Natürlich gehört es bei einer kompetitiven Klasse wie den Finns dazu, dass man sein Können bei einigen Startübungen festigen will. Dem war auch am Bielersee so. Ganz nach dem Motto «lieber einmal zu früh als zehnmal zu spät» gingen einige etwas gar eifrig und ungeduldig an die Startlinie. Eine andere, nicht minder risikobehaftete Taktik lautet, doch tunlichst den Streicher bereits im ersten Lauf einzufahren. Dem kann sich der Schreiberling leider oft auch nicht entziehen. Diesmal aber machte Windgott Aeolus einen Strich durch die Rechnung und liess es gar nicht bis zu einem Streicher kommen. Pech für alle diejenigen, die ansonsten Top gesegelt, aber eben einmal mit zuviel Elan die Startlinie passiert zu haben.
Der erste Lauf musste noch abgekürzt werden. Beim zweiten rundeten wir dann schon zweimal. Der Nächste musste dann wegen einem temporären Wind-Aussetzer gar abgebrochen werden. Nach einer kurzen Pause gings dann aber mit richtigen Finn-Verhältnissen an die Sache. Da sassen gar die Schwergewichte auf der Kante.
An der Spitze keine Überraschung. Christoph Christen / SUI-5 hat einmal mehr bewiesen, dass kaum ein Weg an ihm vorbeiführt. Er hadert zwar immer wieder damit, bei leichteren Verhältnissen zu wenig schnell zu sein. Für uns ambitiöse Freizeitsegler ist dies aber nicht viel mehr als Jammern auf einem sehr hohen Niveau. Und fährt man für einmal frech und etwas zufällig vor ihm durch, kann man sich kaum dagegen wehren, dass man schon bald wieder sein Heck zu sehen bekommt. Das war auch an der Finnmania so. Dahinter wenig überraschend und knapp geschlagen SM-Bronze Gewinner Simon Bovay. Einer der jüngsten im Feld und immer unheimlich clever und schnell. Wie an der SM knapp neben dem Podest Olympionike Peter Theurer. Punktgleich mit Jean-Philippe Ryter, ebenfalls mit Vergangenheit auf höchstem Segel-Niveau. Die weiteren Plätze entnehmt ihr bitte der Rangliste.
Unser Klassenfinn SUI-100 wurde freundlicherweise von Duc an den Bielersee gebracht und dem jungen und schmächtigen Nicolas Geissbühler überlassen. In den beiden leichteren Läufen konnte er seine Klasse aufblitzen und sein ehemaliger Junioren-Trainer Pisli Theurer gar hinter sich lassen. Das Talent ist da, beim Gewicht happert’s allerdings noch etwas. Im dritten Lauf bei etwas windigeren Verhältnissen war dann fertig lustig und Nicolas musste neidlos anerkennen, dass «kam-sah-siegte» bei den Finns wohl nicht so einfach ist.
In Grandson waren es allgemein die Locals, welche den Heimvorteil genutzt und mit einer starken Mannschaftsleistung geglänzt haben. Aber: Ici c’est Bienne. Die Bieler Finnistis haben in ihrem Revier gezeigt, dass sie nur wenig hinter den Romands zurückstehen und die Hälfte der Top-10 Plätze belegten. Es ist fast vorauszusehen, dass in Thun dann wieder die Oberländer am Zuge sind.
Die Finnmania ist eine Herzens- und Familien-Angelegenheit. Am Land sorgten die diversen Angehörigen der Finnsegler mit Leckereien dafür, dass Hunger gestillt und Durst gelöscht werden konnte. Die erfahrene Jollenkreuzerflotte stellte eine kompetente Regattaleitung, die den doch recht schwierigen Verhältnissen trotzte. Dem um fast 60° pendelnden und wechselhaften Wind war nicht einfach zu begegnen. Sämtliche Teilnehmer halfen mit viel Disziplin mit, die in einem Clubleben doch einschneidenden Corona-Massnahmen einzuhalten. So blieb es für alle überaus angenehm und gesellschaftlich, auch mit dem nötigen Abstand. Sogar am Samstagabend zum gemeinsamen Dinner. Im Restaurant Engelberg trafen sich das Gros der Segler und Gäste zu einem feinen und reichlichen Abendessen. Just an dem Standort stand Anfangs des letzten Jahrhunderts noch eine Dépendence des Klosters Engelberg, wo die Mönche früher Wein kelterten und wohl auch reichlich genossen. Wohl etwas mehr als die Finnistis im 2020.
Aus Tradition waren heuer auch wieder die Piraten mit 8 Booten und Teams dabei. Erstaunlich, dass auf diesen etwas gar antik wirkenden Booten fast ausschliesslich sehr junge Segler fahren. Trend und Strategie unterscheiden sich damit diametral von der Finn Flotte. Wir alle ziehen das Konzept der Finn aber dennoch vor. Eine tolle familiäre Community, anspruchsvolles Boot für heisse Surfs auf der Welle in einer umkämpften Klasse mit hohem Leistungsniveau. Sport und Gesellschaft unter einem Hut – was will das Herz noch mehr. An der Finnmania wie an allen anderen Events auch wird diese Kombination eindrücklich gelebt. Nächstes Jahr dann wieder bei unseren Freunden in Grandson.
A bientôt, SUI-88